Ereignishorizont Digitalisierung - CSR Blockchain

Corporate Social Responsibility und Blockchain: Auf dem Weg zur echten Transparenz globaler Lieferketten

Die unternehmerische, moralische Verantwortung gegenüber der Gesellschaft hinsichtlich ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte wird im Rahmen der Corporate Social Responsibility (CSR) eines Unternehmens diskutiert [1, S. 235]. Im Rahmen der 2019 veröffentlichten Umfrage des European Communication Monitor 2019 wurden PR-Experten darüber befragt, welche Themen im Bereich Public Relations bzw. Kommunikationsmanagement in den darauffolgenden Jahren wichtiger werden. Knapp 38 Prozent der Befragten nannte als Antwort darauf den „Aufbau und Erhalt von Vertrauen“, fast 22 Prozent die „Nachhaltige Entwicklung und Corporate Social Responsibility“ und 19 Prozent die „Forderung nach mehr Transparenz“ [3, S. 54]. Unternehmen müssen sich zukünftig verstärkt in diesen Bereichen weiterentwickeln. Die Anwendung der Blockchain-Technologie kann einen vielversprechenden Ansatz dazu darstellen.

Die Blockchain-Technologie

Eine Blockchain ist eine Datenbank. Jedoch keine konventionelle Datenbank, die von einer einzelnen Person oder einem einzelnen Unternehmen zentral gepflegt wird, sondern eine dezentrale Datenbank. Das bedeutet (wiederum vereinfacht gesprochen): Die gesamte Blockchain bzw. auch mehr oder weniger große Teile von dieser sind redundant auf den Rechnern von vielen verschiedenen Teilnehmern des Blockchain-Netzwerks gespeichert. Der große Vorteil: Die Abhängigkeit von einer zentralen Instanz entfällt. Alle besitzen die Datenbank. Gleichzeitig handelt man sich dadurch aber ein neues Problem ein: Die Sicherstellung der Datenbank-Korrektheit respektive die Durchsetzung eines Transaktionskonsens. Denn die Frage “Welche Daten und Datentransaktionen sind gültig?” ist in einer dezentralen Datenbank knifflig zu beantworten. Details dazu sind in einem anderen Blogartikel hier auf Ereignishorizont Digitalisierung beschrieben.

Warum ist die Blockchain revolutionär? Berentsen und Schär schreiben (vgl. [4], Seite 2): „In zentralisierten Systemen wird eine Instanz exklusiv mit Registerführungsrechten ausgestattet. Durch diese Rechte hat eine solche Instanz die Fähigkeit das Register zu manipulieren und Vermögensansprüche beliebig zu verändern.” Immer wenn eine zentrale Datenbank existiert, über die der Zustand von Besitzständen dokumentiert wird, gelangt der Betreiber dieser Datenbank in eine Machtposition. Diese Machtposition ist problematisch. Denn sie schmälert das Ur-Vertrauen in die Korrektheit der zentralen Datenbank. Wer traut schon “den da oben”. Berentsen und Schär schreiben weiter (vgl. [4], Seite 2): „Besteht die Möglichkeit, dass die zentrale Instanz auf irgendeine Weise korrumpierbar oder Ausfällen und Angriffen durch Dritte ausgesetzt ist, wird dies zu erheblichen Problemen führen und die Glaubwürdigkeit des Systems untergraben.“ Anders gesagt: Mögliche Manipulationen durch den Betreiber der zentralen Datenbanken sind nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die prinzipielle Angreifbarkeit einer zentralen Datenbank durch externer Angreifer. Wie oft wird heute über Hackerangriffen auf Unternehmen und versuchte Manipulationen berichtet. Um den unausweichlichen Vertrauenskrisen entgegenzuwirken, scheuen die Betreiber zentraler Datenbanken daher oft keine Kosten und Mühen, das Vertrauen in zentrale Datenbanken zu erhöhen. Das Spektrum an Maßnahmen ist groß: Seriosität, Sorgfalt bei der Datenpflege, der Einsatz neuester Sicherheitstechnologien, kulante Regelungen im Falle von Betrügereien. Trotzdem ist es in vielen Fällen das “Friss-oder-Stirb”-Prinzip, dass den Betreibern zentraler Datenbanken in die Hände spielt. Dazu kommt schließlich: Die genannten Kosten und Mühen lassen sich die Betreiber zentraler Datenbanken oft direkt von den Nutzern der zentralen Datenbanken wieder erstatten, beispielsweise in Form von Transaktionsgebühren.

Starke Machtpositionen mit der latenten Gefahr von Manipulationen, geringes Ur-Vertrauen, die Gefahr von Angriffen durch Dritte sowie Transaktionsgebühren kennzeichnen die Nutzung prinzipiell aller zentraler Datenbanken. Die Blockchain-Technologie löst diese Probleme. Ausgeprägte Machtpositionen existieren in einer dezentralen Blockchain nicht. Absolute Transparenz und die gemeinschaftlich bestätigte Korrektheit von Transaktionen sorgen für Vertrauen. Angriffe durch Dritte sind denkbar, praktisch aber ausgeschlossen. Transaktionsgebühren sind gering. Verloren gegangene Unabhängigkeit wird zurückerobert.

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Video: Mehr Transparenz in Lieferketten dank Blockchain.

Nachvollziehbarkeit von Wertschöpfungsketten

Häufig gehen Unternehmen Forderungen seitens der Konsumenten nach mehr Transparenz gar nicht oder nur begrenzt nach. In manchen Fällen wird sogar versucht, unternehmerisches Fehlverhalten zu verbergen, indem beispielsweise Falschangaben über Produktherkunft oder Arbeitsbedingungen im eigenen oder im Partnerunternehmen gemacht werden. Die Verschleierung von Informationen gelingt umso besser, je mehr Lieferanten, Zwischenhändler, Partner- oder Subunternehmen in die Wertschöpfungskette (englisch: Supply-Chain) zwischengeschaltet werden

Durch die Einbindung der Blockchain-Technologie in das Supply-Chain Management kann ein Unternehmen die Nachvollziehbarkeit der Wertschöpfungsketten von angebotenen Produkten für alle Konsumenten ermöglichen. Informationen zu verwendeten Rohstoffen, enthaltenen Inhaltsstoffen, vorherrschenden Arbeits- und Transportbedingen können über die Blockchain öffentlich zugänglich gemacht werden [2, S. 6]. 

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Abbildung 1 stellt auf vereinfachte Weise die Wertschöpfungskette von Kaffee dar. Neben Erzeugern und Zwischenhändlern sind auch verschiedene Lieferanten in die Supply Chain des verarbeitenden und verpackenden Kaffee-Unternehmens eingebunden. Alle Parteien speichern Informationen für einen reibungslosen Prozessablauf auf einer Blockchain. Der Konsument erhält Zugriff auf diese Daten, sodass über diese Transparenz Vertrauen zum Unternehmen erreicht wird. 

Abbildung 1: Wertschöpfungskette von Kaffee mit der Blockchain-Technologie.

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Video: Blockchain for agricultural Supply Chain.

Um dieses Konzept erfolgreich umsetzen zu können, muss jedem einzelnen Produkt bzw. Produktbestandteil, eine eindeutige digitale ID zugewiesen werden, beispielsweise mittels RFID-Chip, QR-Code oder Digital Twin. Diese IDs werden dann in der Blockchain gespeichert. Auch Transport-Behältnisse können mittels einer digitalen ID, abgelegt in der Blockchain, virtuell abgebildet werden. Dies ermöglicht ein Tracking bzw. eine Sendungsverfolgung in Echtzeit für jedes einzelne Produkt (bzw. jeden Produktbestandteil) innerhalb der gesamten Wertschöpfung und Logistik. Neben Produkt und Transportbehältern erhalten alle integrierten Parteien einer Wertschöpfungskette eine eindeutige digitale ID. Dies ermöglicht eine Verknüpfung von Produkt mit Erzeuger, Lieferanten und Zwischenhändler, indem bei jedem Schritt der Wertschöpfung die Produkt-ID mit der jeweiligen ID des Verarbeitenden verbunden wird. Die gespeicherten Daten in der Blockchain verbleiben aufgrund der Funktionsweise dieser Technologie unverändert und manipulationsgeschützt [2, S. 7]. Im Beispiel von Abbildung 1 könnte also jede Kaffee-Bohnen-Lieferung an das verarbeitende Unternehmen einem bestimmten Erzeuger und Lieferanten zugeordnet werden. Denkbar ist auch die Ausstellung von digitalen Zertifikaten, beispielsweise an nachhaltig agierende Erzeuger im Kaffeeanbau. Diese werden fälschungssicher dezentral in der Blockchain gespeichert [2, S. 7].

Fazit

Durch die Integration der Blockchain-Technologie in weltweite Lieferketten können Konsumenten Zugriff auf interessante Informationen zur gesamten globalen Wertschöpfung von Produkten erhalten. Unternehmen ist geraten, die Chancen dieser Transparenz und Nachverfolgbarkeit zu nutzen, z. B. über Apps für eigene Kunden [2, S. 8 f.].

Literatur

[1] A. Bassen, S. Jastram, K. Meyer: „Corporate Social Responsibility – Eine Begriffserläuterung“. Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik,
S. 231 – 236, 6 (2005), Heft 2, Nomos, 2005.

[2] J. Scherf, L. Becker: „Blockchain und Marketing„.
Working Paper, Frankfurt School Blockchain Center, 2019.

[3] A. Zerfass, D. Verčič: „European Communication Monitor 2019 – Trust
in the Profession, Transparency, Artificial Intelligence and new Content
Strategies, EUPRERA/EACD„. Quadriga Media Berlin, Brüssel, 2019.

[4] A. Berentsen, F. Schär: „Bitcoin, Blockchain und
Kryptoassets: Eine umfassende Einführung“, 2017.

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