Ereignishorizont Digitalisierung - Change Management

Digitalisierung erfordert Change Management

Digitalisierung bedeutet Veränderung. Immer! Wie viel Veränderung ist Unternehmen zu oft noch gar nicht bewusst. Dazu Jürgen Meffert, Autor des Buchs „Eins oder Null: Wie Sie Ihr Unternehmen mit Digital@Scale in die digitale Zukunft führen“: „Fast alle Unternehmen haben sich mit dem Thema Digitalisierung auseinander gesetzt – vom Mittelständler bis zum Großkonzern. Doch wenn Sie mich fragen, ob alle schon die Wucht der Veränderung begriffen haben, muss ich sagen: Nein. Den „Sense of Urgency“, also die Erkenntnis, dass man etwas tun muss – und zwar sofort – ist noch nicht überall angekommen.

Klar ist: Die Digitalisierung kann nicht nur eine Chance sein, interne betriebliche Abläufe, Projekte oder die Kommunikation mit Kunden besser als bisher zu machen. Digitalisierung kann auch problematisch sein. Ist es oft sogar! Denn Menschen tun sich per se schwer mit Veränderung, ja haben oft sogar Angst vor der Digitalisierung

Wenig überraschend kommt es deswegen im Zuge von Digitalisierungsprojekten häufig zu Konflikten, z. B. in den Projektteams oder an Schnittstellen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern (falls, wie es bei größeren Digitalisierungsprojekten oft der Fall ist, externe Dienstleister eingesetzt werden). Es ist deswegen für Unternehmen erfolgskritisch, Digitalisierungsprojekte positiv zu gestaltenund aufbrechende Konflikte konstruktiv zu begleiten und lösen. Change Managementkann hier einen wertvollen Beitrag dazu liefern.

Veränderungen bedeuten Konflikte! Immer!

Typische Beispiele von Konflikten in Digitalisierungsprojekten sind:

1. Vorgehenskonflikte: Vorgehenskonflikte betreffen die methodischen Vorgehensweisenmit denen ein Projektziel erreicht werden soll. Im Mittelpunkt stehen oft Diskussionen dazu, welche Projektaktivitäten am Besten wann durchgeführt werden bzw. welche Projektaktivitäten überhaupt durchgeführt werden müssen. 

2. Jobkonflikte: Jobkonflikte betreffen die Kompetenzen der Projektbeteiligten (Wer hat was zu sagen?), meistens aber stärker die von einem Digitalisierungsprojekt betroffenen Mitarbeiter, deren Aufgaben unter Umständen in Frage gestellt oder neu definiert werden. 

3. Steuerungskonflikte: Steuerungskonflikte sind Konflikte, die aus einer unterschiedlichen und subjektiven Wahrnehmung des Einflusses (oder der Macht) einzelner Projektbeteiligter entstehen. Steuerungskonflikte entstehen, ähnlich wie Vorgehenskonflikte, oft in Projekten, an denen (ggf. auch mehrere) Dienstleister beteiligt sind. 

4. Veränderungskonflikte: Veränderungskonflikte schließlich sind Konflikte die einzig aufgrund einer Veränderung selbst entstehen. Die allermeisten Menschen sind so gestrickt, dass Veränderung zu Unsicherheit und Angst führt; Angst vor dem, was sich zukünftig ändert. Gerade Veränderungskonflikte führen oft zu erheblichen Widerständen gegen technologische und/oder organisatorische Veränderungen. Dazu sagt eine Studie von Crisp Research im Auftrag von Dimension Data aus 2015: „Ältere Arbeitnehmer und Chefs wollen sich häufig nicht mit Veränderungen beschäftigen. Doch die Erwartungshaltung an eine digitale Denkweise, vor allem in der Führungsetage, steigt gerade unter den jungen Berufseinsteigern. Junge Leute erwarten Digital Leader“.Wichtig auch: eine offene, der Digitalisierung zugewandte Unternehmenskultur und kein Diktat von oben, das nicht auch oben vorgelebt wird. Für einige ältere Semester sicher eine Herausforderung.

Mit solchen und anderen Konflikten muss in Digitalisierungsprojekten adäquat umgegangen werden. Adäquat heißt an dieser Stelle, dass man Konflikte nicht ignoriert, sondern versucht diese bewusst und offen aufzugreifen und zu lösen

Hier können Ansätze des Change Management helfen.

Was ist Change Management?

Es existieren viele Definitionen von Change Management. Es handelt sich auch nicht um einen exakt abgrenzbaren Begriff. Ziel des Change Managements ist es die durch neue Strategien, Strukturen, Systeme, Prozesse oder Verhaltensweisen bedingten Veränderungen in einem Unternehmen durch flankierende Maßnahmen, z. B. im Bereich der Mitarbeiterkommunikation, systematisch und konstruktiv zu begleiten. So sollen Konflikte frühzeitig erkannt, adressiert und im Idealfall gelöst und alle mitgenommen werden.

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Menschen reagieren unterschiedlich auf Veränderungen

Eine der großen Herausforderungen bei Digitalisierungsprojekten ist es, dass die von Veränderungen betroffenen Mitarbeiter typischerweise unterschiedlich reagieren:

Auf der einen Seite gibt es fast immer Gegner der Veränderung. Hier muss man zwischen pro-aktiven Gegnern und defensiven Gegnern differenzieren. Pro-aktive Gegner bringen sich dabei aktiv in Diskussionen mit ein (z. B. in Projektmeetings) und machen aus ihrer offenen Ablehnung der anstehenden Veränderungen keinen Hehl. Demgegenüber halten sich defensive Gegner eher im Hintergrund, bestätigen aber oft die Ablehnung der Veränderung, wenn sie direkt danach gefragt werden.

Auf der anderen Seite gibt es die Unterstützer der Veränderung. Hier muss man zwischen pro-aktiven Unterstützern und Unterstützern in Wartestellung unterscheiden. Die Rollen verteilen sich ähnlich wie bei den Gegnern (siehe oben). Die treibenden Kräfte bringen sich aktiv in die Diskussionen mit ein und vertreten ihre Befürwortung der Veränderung offen. Befürworter in Wartestellung halten sich eher im Hintergrund. 

Schließlich gibt es noch die Zuschauer, die sich aus allen Diskussionen heraushalten und Streit mit Bezug auf eine Veränderung vermeiden. Zuschauer geben ihre eigene Meinung typischerweise nicht preis, auch nicht wenn sie direkt danach gefragt werden. 

Eines der Primärziele im Change Management ist es, die oft große Masse an Zuschauern davon zu überzeugen, dass die anstehenden Veränderungen positiv sind. Denn so bekommt eine Veränderung den erforderlichen Rückenwind. 

Was man von Pinguinen lernen kann

Ansätze und Empfehlungen für ein systematisches Change Management gibt es wie Sand am Meer. Stellvertretend seien an dieser Stelle die sehr guten Empfehlungen von John Kotter aus seinem Buch „Das Pinguin-Prinzip: Wie Veränderung zum Erfolg führt“ zu nennen. 

Im Mittelpunkt des Buches steht eine Pinguinkolonie. Die Pinguine sind mit der Situation konfrontiert, dass der Eisberg, auf dem sie leben, schmilzt. Die Konsequenz: Die Pinguinkolonie muss mit dieser Veränderung umgehen, diese adressieren und Lösungen finden. Anhand dieser Geschichte arbeitet Kotter nun heraus, welche Konflikte durch Veränderungen entstehen, wie unterschiedliche Pinguine (respektive Menschen) mit Veränderungen umgehen, und wie man nicht aufhaltbare Veränderungen positiv gestaltet und beeinflusst. Ein in jedem Fall lesenswertes kleines Büchlein!

Change Management nach John Kotter

Konkret schlägt Kotter acht Schritte vor, um erfolgreiches Change Management aufzusetzen (und diese Schritte können im Grunde 1 zu 1 auf Digitalisierungsprojekte übertragen werden):

Schritt #1: Der erste Schritt besteht darin, Andere von der Notwendigkeit einer Veränderung und der Erforderlichkeit des Handelns zu überzeugen.

Schritt #2: Ein kompetentes Team muss durch die Umwälzungen führen, d.h. ein Team mit Führungsqualitäten, Glaubwürdigkeit, analytischen und kommunikativen Fähigkeiten, Durchsetzungskraft und anhaltendem Engagement.

Schritt #3: Es muss geklärt werden, wie Zukunft und Vergangenheit sich unterscheiden und wie man die angestrebte Zukunft dann auch tatsächlich zur Wirklichkeit machen kann.

Schritt #4: Man muss sich darum kümmern, dass möglichst viele andere die Zielvorstellung und die Strategie verstehen und akzeptieren.

Schritt #5: Aufgabe ist es so viele Hindernisse wie möglich zu entfernen, damit jene freie Hand haben die wirklich wollen und die keine Probleme mit den Veränderungen haben.

Schritt #6: Man muss schnell einige sichtbare Erfolge erzielen.

Schritt #7: Man sollte nach ersten Erfolgen dazu drängen, noch energischer voranzugehen. Ziel ist, beharrlich vorzugehen, bis die Zielvorstellung verwirklicht ist.

Schritt #8: Man muss an neuen Verhaltensweisen festhalten und deren Erfolg so lange sichern, bis sie genug gefestigt sind, um endgültig die alten Traditionen abzulösen.

Ich will jetzt nicht alle Schritte im Detail diskutieren. Die grundsätzlichen Botschaften werden klar, denke ich. Wer mehr wissen will, sei auf das Buch verwiesen. 

Fazit

Digitalisierungsprojekten bedeuten typischerweise immer auch Veränderung. Digitalisierungsprojekten sind oft ein tendenziell langwieriger Prozess, an dem viele verschiedene Projektbeteiligte und Akteure involviert sind.  Diese vielen Akteure haben dabei ganz unterschiedliche Erwartungshaltungen und Absichten. Dies führt dazu, dass es in einem Digitalisierungsprojekten zu verschiedenartigen Konflikten kommen kann. Change Management, die bewusste und systematische Begleitung von Veränderungsprozessen in Unternehmen, kann hier wertvolle Unterstützung bieten.

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