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Die Digitalisierung des Menschen

Die Digitalisierung überrennt Gesellschaft, Unternehmen und jeden Einzelnen von uns mit unvorstellbarer Dynamik und Wucht. Während manche Auswirkungen in unserem Alltag sichtbar und spürbar sind, bleibt vieles andere vage und im Verborgenen. Viele Ideen und Anwendungen der Digitalisierung basieren dabei fast immer auf der intelligenten Verarbeitung von Daten. Auch die Digitalisierung von uns Menschen erfolgt genauso, nur das jetzt eben personenbezogene Daten verarbeitet werden. Von großem Vorteil für Unternehmen ist dabei, dass Menschen sich immer freizügiger zeigen, was die eigenen Daten anbelangt (gerade weil sie das tun sind ja übrigens auch Datenschutzgesetze so wichtig!). In diesem Blogartikel werden einige verrückte Beispiele gezeigt, wie die Digitalisierung des Menschen voranschreitet.

Beispiel 1: Gesundheit, Medizin, Gene

Der Gesundheitsmarkt gehört zu den größten Wirtschaftszweigen überhaupt. Allein in Deutschland arbeiten Millionen Menschen in dieser Branche. Das Gesamtvolumen des deutschen Gesundheitsmarktes belief sich 2016 auf rund 357 Milliarden Euro. Kein Wunder dass die Digitalisierung des Gesundheitsmarktes viele Startups anlockt.

Ein aktuelles Beispiel stammt aus den USA. Dort versucht das Startup Healthvana, wie einige andere Unternehmen auch schon, sich in der digitalen Erfassung und Speicherung von Gesundheitsdaten. In diesem Fall geht es aber nicht nur um Cholesterinwerte, sondern auch um deutlich persönlichere Angaben, beispielsweise zu Geschlechtskrankheiten. Und: Healthvana will entsprechende Daten zudem nicht nur erfassen, sondern es Nutzern ermöglichen diese auch zu teilen. Und jetzt wird es interessant! Healthvana erlaubt nicht nur das Teilen mit Ärzten oder medizinischen Einrichtungen, sondern auch mit anderen Healthvana-Nutzern. So können Healthvana-Nutzer vor einem Date oder einem One-Night-Stand mal eben schnell den Gesundheitszustand des anderen abklären.

Bild: Healthvana sammelt auch Daten zu Geschlechtskrankheiten (Screenshot).

Auch die Sprache eines Menschen kann Rückschlüsse auf seinen Gesundheitszustand erlauben. So arbeitet das Projekt Parkinson’s Voice Initiative an einem Verfahren, bei dem allein anhand der Aussprache eines Menschen erkannt werden soll, ob dieser an der Parkinson-Krankheit leidet. Da der Test über eine einfach zu nutzende App erfolgt, in die nur einige Sätze gesprochen werden müssen, können im Erfolgsfalle viele Menschen auf extrem einfache Weise getestet werden („population-scale screening programs“). Der Vorteil ist – wie immer in der Medizin – die möglichst frühzeitige Diagnose von Parkinson – „searching for early ‚biomarkers‘ could find the signs of the disease before the damage done is irreparable.” Und das Erstaunliche ist – es funktioniert: „The recordings were voices of people both with and without Parkinson’s and Little’s algorithm sorted them. It was 86 percent accurate.

Das amerikanische Versicherungsunternehmen John Hancock schenkt Kunden neuerdings Fitness-Tracker oder sogar eine Apple Watch, wenn die Kunden im Gegenzug erfasste Daten mit der Versicherung teilen. Und auch bei den Produkten werden Anpassungen vorgenommen: Statt einer klassischen Lebensversicherung sollen künftig nur diejenigen günstige Prämien bezahlen, die einen gesunden Lebensstil pflegen.

Was selbst mit genetischen Daten möglich ist zeigt ein weiteres denkwürdiges Beispiel aus den USA. Dort nutzen Ermittler zunehmend öffentlich verfügbare Gendatenbanken (wie z. B. die Genealogie-Datenbank GEDMatch), um nach Verbrechern zu fahnden. Bereits heute können über 60 Prozent aller US-Amerikaner europäischer Herkunft anhand öffentlich verfügbarer Gendatenbanken identifiziert werden. Bald wird das für alle möglich sein. 2 Prozent einer Bevölkerungsgruppe in einer Gendatenbank reichen aus, um für 90 Prozent der gesamten Gruppe mindestens einen Cousin oder eine Cousine dritten Grades zu finden. Dies wiederum ermöglicht eine Identifizierung aller Menschen in diesen 90%. Wie nutzen Ermittler dieses Prinzip? Diese suchen entfernte Verwandte von unbekannten Verdächtigen und können dann deren Identität über weitere Angaben zu Geschlecht und Alter ausreichend eingrenzen, um diese zu ermitteln.

Beispiel 2: Food Porn als Antwort auf die Frage wie wir leben!

Besonders populär ist in den letzten Jahren das Veröffentlichen und Teilen von Essensbildern geworden. Manche sprechen von Food Porn. Mindestens 83 Prozent aller Deutschen zwischen 18 und 29 haben schon mindestens einmal ihr Essen fotografiert. Bei älteren Menschen sinken diese Zahlen nur unwesentlich.

Die beiden Forscher Abhishek Goswami von Microsoft und Haichen Liu von Dropbox haben es sich jetzt zum Ziel erklärt, veröffentlichte Essensfotos von einem KI-System (KI = Künstliche Intelligenz) automatisiert analysieren zu lassen. Die als allererstes von den Forschern zu lösende Frage ist: Was für ein Essen ist auf einem Foto abgebildet? Das Spannende: Hat man diese Aufgabe zuverlässig gelöst, werden weitere Anwendungen möglich. So könnte beispielweise anhand eines Essensfoto ermittelt werden, wie viele Kalorien das Essen hat oder welche guten und weniger-guten Inhaltsstoffe enthalten sind. Kann man Letzteres ermitteln, werden Rückschlüsse darauf möglich, ob sich ein Nutzer gesund oder weniger gesund ernährt. Offensichtlich werden aus vermeintlich harmlosen Bildern von Essen unter Umständen bald entlarvende Schlussfolgerungen möglich!

Nachzulesen ist das alles im spannenden Artikel „Deep Dish: Deep Learning for Classifying Food Dishes“ von Goswami und Liu. Ebenfalls mit dem Thema beschäftigen sich Simon Mezgec und Barbara Seljak in ihrem Artikel „NutriNet: A Deep Learning Food and Drink Image Recognition System for Dietary Assessment“ oder eine Autorengruppe um C. Liu in ihrem Artikel „DeepFood: Deep Learning-based Food Image Recognition for Computer-aided Dietary Assessment“. Lesenswert!

Beispiel 3: Die Archivierung von Erinnerungen!

Ein besonderes krasses Szenario hat sich das Startup nectome vorgenommen. Die Kalifornier wollen Erinnerungen bzw. sogar den Inhalt eines kompletten menschlichen Gehirns digital archivieren. „Our mission is to preserve your brain well enough to keep all its memories intact. […] If memories can truly be preserved by a sufficiently good brain banking technique, we believe that within the century it could become feasible to digitize your preserved brain and use that information to recreate your mind.“ Die entsprechende Prozedur ist dabei zu 100% tödlich!

Gedacht ist das Verfahren v. a. für todkranke Menschen, die ihren „Geist“ retten wollen. Erste Versuche mit Tieren wurden bereits durchgeführt. Die ethische Bedeutung des Themas ist dem Unternehmen bewusst. Auf der Website ist zu lesen: „We believe that clinical human brain preservation has immense potential to benefit humanity, but only if it is developed in the light, with input from medical and neuroscience experts. We believe that rushing to apply vitrification today would be extremely irresponsible and hurt eventual adoption of a validated protocol.“​​​​​​​

Fazit

Viele Ideen und Anwendungen der Digitalisierung auf der intelligenten Verarbeitung von Daten. Auch die Digitalisierung von uns Menschen. Von großem Vorteil für Unternehmen ist dabei, dass Menschen sich immer freizügiger zeigen, was die eigenen Daten anbelangt. In diesem Blogartikel wurden einige verrückte Beispiele gezeigt, wie die Digitalisierung des Menschen voranschreitet.

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