Das Metaverse
Eine Einführung in den neuen Megatrend
Inhaltsverzeichnis
Mit der Umbenennung in „Meta“ (vgl. Video „The Metaverse and How We’ll Build It Together„) schreiben sich seit Herbst 2021 der Facebook-Konzern und sein Chef Mark Zuckerberg das Thema Metaverse auf die Konzernfahnen. Der Schritt hat Tech-Unternehmen weltweit in Aufruhr und Extase gleichermaßen versetzt. Immer mehr Unternehmen setzen sich intensiv mit dem Metaverse und seinen Chancen und Risiken auseinander. Der Boom rund um Kryptowährungen und blockchain-basierte DeFi-Anwendungen befeuert die Diskussionen weiter. Klar ist: Das Metaverse bringt viele komplexe Fragen mit sich. Aus technologischer Sicht, aber auch aus sozialer, ökonomischer oder gesellschaftlicher Perspektive. Fragen, die – Stand heute – oft nicht abschließend beantwortet werden können, da das Metaverse bislang weitgehend als gedankliches Modell existiert. Trotzdem lohnt die Auseinandersetzung mit dem Metaverse – schließlich kann es zum „next big thing“ werden, quasi zur nächsten Ausbaustufe bzw. Neuerfindung des Internet.
YouTube-Video: Mark Zuckerberg – The Metaverse and How We’ll Build It Together – Connect 2021.
Was bedeutet der Begriff Metaverse?
Das Wort “meta” stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „das Jenseits“ oder „darüber hinaus“ (im Deutschen) bzw. „beyond“ (im Englischen). Der Begriff „Metaverse“ kann dementsprechend wie folgt definiert werden:
Das Metaverse ist eine digitale, virtuelle Parallel-Welt, in der sich Menschen frei mit zur Interaktion und Kommunikation fähigen Avataren, digitalen Abbildern ihrer selbst, bewegen – auf der Suche nach Unterhaltung, Informationen, Produkten.
Bis heute gibt es jedoch keine akzeptierte Standarddefinition, eher eine Reihe an verschiedenen, sich teilweise überlappenden Charakterisierungen [1]. Meta (vormals Facebook) definiert das Metaverse z. B. als „the next evolution of social connection“ – also die „nächste Evolutionsstufe sozialer Verbindungen„. Rony Abovitz, Gründer des Virtual Reality (VR) Unternehmens Magic Leap charakterisiert das Metaverse als „wilden, organischen und erstaunlichen Auswuchs des Internets“. Die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) betont Nitzan Mekel-Bobrov, bei Ebay für alle Entwicklungen im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI) verantwortlich: „Wie Kohlenstoff für die organische Welt wird KI sowohl die Matrix sein, die die notwendige strukturelle Unterstützung bietet, als auch das Material, aus dem die digitale Repräsentation hergestellt wird.“ Microsoft-Chef Satya Nadella bezeichnet das Metaverse deutlich nüchterner als „neue Plattform für eine Zeit, in der digitale und reale Welt immer näher zusammenrücken„. Frank Steinicke, Professor für Mensch-Maschine-Interaktion an der Universität Hamburg, definiert das Metaverse wie folgt [3]: „Ich verstehe unter dem Metaverse einen virtuellen Raum, der konsistent und persistent ist.“ Das Metaverse ist eine aus vielen selbständigen, aber verknüpften Teilen bestehende Welt. Konsistent meint: Menschen können einzelne Teile des Metaverse ohne Einschränkungen betreten und sogar nahtlos zwischen ihnen wechseln. Persistent meint: Das Metaverse hat immer Bestand, also nicht nur dann, wenn ein Nutzer sich im Metaverse befindet. Interessant ist auch die Charakterisierung des Metaverse von Jonathan Glick, einem Journalisten der New York Times, der zwei Ebenen des Metaverse unterscheidet [4]: 1. die Existenz des Menschen in einer virtuellen, manchmal besseren Welt („the enactment of the human aspiration to exist in an entirely virtual space that is in some way ‘better’ than the real world“) und 2. Technologien, die die Verbindung zwischen Fakt und Fiktion ermöglichen („as well as the actual set of technologies that can eventually enable this connection between fact and fiction“). Diese Charakterisierung macht deutlich: Es werden Technologien und technische Lösungen benötigt, um die Metavertse-Idee auch tatsächlich Realität werden zu lassen. Eine ebenfalls eher technische Charakterisierung des Metaverse liefert auch der Chiphersteller Intel. Intel sieht drei Ebenen im Metaverse [5]: 1. Der Meta-Compute-Layer stellt die für den Metaverse-Betrieb notwendigen Hardware-Ressourcen bereit. 2. Der Meta-Ops-Layer stellt das Betriebssystem und weitere Software-Komponenten (z. B. Datenbank-Software) für den kontinuierlichen Betrieb des Metaverse bereit. 3. Der Meta-Intelligence-Layer umfasst Software, um das Metaverse mit Leben zu füllen.
Erdacht wurde der Begriff „Metaverse“ von dem amerikanischen Schriftsteller Neal Stephenson in seinem Roman „Snow Crash“ [2]. Stephensons Roman spielt in einer dunklen, dystopischen Welt, in der alle wichtigen staatlichen Stellen (Polizei, Justiz, Regierungen), ja sogar ganze Staaten, privatisiert sind. Das Leben der Menschen ist geprägt von Hyperinflation und extremer sozialer Ungleichheit. Um dem Albtraum des Alltags zu entkommen, ziehen sich Menschen in ein Metaversum (englisch: „Metaverse„) zurück, einer Mischung aus dem Internet (wie wir es heute kennen) und einem Online-Rollenspiel (im Englischen: Massively Multiplayer Online Role-Playing Game; MMORPG). Durch das Metaverse bewegen sich die Menschen mit „Avataren„. Einlass in das Metaverse erhalten Menschen über nicht-permanente Schnittstellen zwischen digitaler und nicht-digitaler Welt („impermanent interface between the digital and physical realms„), die auch als „phygital interface“ bezeichnet werden. Fragt man Neal Stephenson HEUTE, was er glaubt, wie das Metaverse zukünftig aussehen wird, sieht er v. a. den Charakter des Metaverse als Werbeplattform. Konkret sieht Stephenson drei Teile des Metaverse [23]: „Ein kostenloses Metaverse mit Werbung, ein Abo-Metaverse ohne Werbung und dann wird es noch so eine Open-Source-Wikipedia-Variante geben. Das ist umsonst, da gibt es keine Werbung, das wird halt so eine Hobby-Ecke mit dem entsprechenden Look-and-Feel sein.“ Weitere Einblicke in Stephensons Sicht auf das Metaverse liefert das Interview von Lex Fridman mit dem Autor.
YouTube-Video: Interview von Lex Fridman mit Neal Stephenson.
Welche Merkmale hat das Metaverse?
Eine sehr gute, weil präzise Beschreibung des Metaverse stammt von Mathew Ball, einem amerikanischen Unternehmer und Risikokapitalgeber. Laut Ball ist das Metaverse durch sieben Eigenschaften gekennzeichnet [6]:
Das Metaverse ist…
1. persistent – Das heißt: Das Metaverse besteht fortwährend und dauerhaft. Es kann nicht pausiert oder beendet oder neu gestartet werden. Es endet niemals. Dieses Merkmal wurde auch von Professor Steinicke (vgl. oben) benannt.
2. synchron und live – Das heißt: Auch wenn Ereignisse und Aktivitäten im Metaverse im Voraus geplant und terminiert werden können (z. B. ein virtuelles Konzert, eine virtuelle Lesung oder ein gemeinsames virtuelles Spiel), ist das Metaverse immer eine Echtzeit-Erfahrung. Wie eben das richtige Leben mit seinen Ereignissen und Aktivitäten auch. Dass was im Metaverse passiert, ist – in seiner Gesamtheit – nicht planbar oder vorhersehbar.
3. skalierbar – Das heißt: Die maximale Anzahl an Teilnehmer*innen ist nicht begrenzt.
4. ein eigenes Wirtschaftssystem – Das heißt: Ein Wirtschaftssystem bezeichnet die Ordnung des Wirtschaftslebens in einem Land und koordiniert die Einzelpläne aller privaten und öffentlichen Wirtschaftssubjekte. Es regelt, welche Güter produziert werden, welche Arbeitskräfte und Produktionsmittel wo eingesetzt werden und wie die Güter verteilt werden. Auch das Metaverse ist ein Wirtschaftssystem, dass es ermöglicht, Werte (wie z. B. digitale Güter wie virtuelle Häuser, Grundstücke oder Kunst) zu erschaffen, zu besitzen, zu kaufen oder zu verkaufen.
5. prinzipiell unendlich groß – Das heißt: Das Metaverse ist, so wie unser sich permanent ausdehnendes Universum, unendlich groß. Dabei umfasst es private und öffentliche und offene und geschlossene Teile. Die Grenzen einer Teilwelt können jederzeit durch den Wechsel in eine andere Teilwelt überwunden werden.
6. interoperabel – Das heißt: Im Metaverse können Daten, digitale Gegenstände oder Inhalte jederzeit beliebig zwischen Teilnehmer*innen ausgetauscht werden.
[HINWEIS] Im Juni 2022 nahm das Metaverse Standards Forum (MSF) seinen Betrieb auf. Das Industriekonsortium versammelt viele große Akteure, darunter Meta, Microsoft, Nvidia, Epic, Unity, Sony, Qualcomm und Adobe. Das Ziel ist eine Einigung auf industrieweite Interoperabilitätsstandards. Interoperabilität im Metaverse bedarf einer engen Zusammenarbeit und Kompromissfähigkeit der Plattformbetreiber. Das MSF hat bereits mehr als 1.500 Mitglieder [30].
7. durch nutzergenerierte Inhalte und Erfahrungen geprägt – Das heißt: Im Metaverse können Einzelpersonen, formell oder informell zusammengehörige Gruppen oder auch Unternehmen beliebige Inhalte und Erfahrungen erzeugen und anderen Teilnehmer*innen des Metaverse zugänglich machen (ggf. auch gegen Bezahlung).
Laut Ball bilden drei Elemente das Metaverse (zusammen als „das Buch Genesis“ bezeichnet): 1. die technische Metaverse-Infrastruktur, 2. die Regeln und Gesetze, nach denen das Metaverse funktioniert, und 3. der Inhalt, der im Metaverse zu finden ist.
Was ist das Metaverse nicht?
Um den Begriff Metaverse zu verstehen ist es auch hilfreich sich zu verdeutlichen, was das Metaverse NICHT ist (ebenfalls angelehnt an [6]). Das Metaverse ist keine komplett vordefinierte Welt, also kein Computerspiel mit fest definierten Grenzen in dem Spieler*innen zusammen mit KI-gesteuerten Charakteren unterwegs sind. Es ist auch nicht einfach nur einfaches virtuelles Güter(tausch)system. So existieren heute schon Computerspiele, in denen digitale Spielobjekte für virtuelles oder auch echtes Geld gekauft werden können. Das Metaverse ist auch kein virtuelles Disney-Land. Im Metaverse sind Aktivitäten, Erfahrungen und Attraktionen prinzipiell unendlich und auch nicht zentral von einem einzelnen Unternehmen erstellt (wie eben z. B. in Disney-Land). Schließlich: Das Metaverse ist auch nicht einfach ein neuer App-Store oder soziales Netzwerk, auf dem Inhalte bereitgestellt werden.
Wird das Metaverse einfach angeschaltet?
Es wird keinen Moment „vor dem Metaverse“ oder „nach dem Metaverse“ geben. Das Metaverse ist nichts, was einfach angeschaltet wird. Es wird langsam entstehen. Es existiert auch heute schon. Durch viele verschiedene Produkte, Services und Erfahrungen, die langsam zu einem großen Ganzen verschmelzen. Erschaffen wird das Metaverse also nicht als ein Miniaturmodell unserer echten Welt, sondern als sich eine auf der grünen Wiese entwickelnde Welt.
Das Metaverse in Science Fiction Literatur und Philosophie
Die Idee des Metaverse ist nicht neu, sondern bereits seit vielen Jahrzehnten Gegenstand der Philosophie und auch der Science Fiction Literatur. Berühmt in letzter Hinsicht sind William Gibsons „Neuromancer“ oder Neal Stephensons „Snow Crash„. Auch Philosophen wie Plato, Michel Foucault oder Marc Augé haben sich bereits mit Ideen des Metaverse auseinandergesetzt – auch wenn deren verwendete Begriffswelt natürlich eine andere war. Ein Überblick:
Das Metaverse in der Science Fiction Literatur
1992 veröffentlichte amerikanische Schriftsteller Neal Stephenson den Roman „Snow Crash„. Von ihm stammen die Begriffe „Metaverse“ und auch „Avatar“ – dies wurde oben schon erwähnt. Ebenfalls prägend für die Idee des Metaverse ist aber auch William Gibson, ein amerikanischer Autor, der mit seinem 1984 erschienenen Roman „Neuromancer“ berühmt wurde. In „Neuromancer“ führte Gibson den Begriff Cyberspace ein, der auch heute noch oft als Synonym für das Internet verwendet wird. Für Gibson ist der Cyberspace eine andere Ebene der Realität, die er als „consensual hallucination“ bezeichnet. Eine Konsens-Halluzination, …
„tagtäglich erlebt von Milliarden zugriffsberechtigter Nutzer in allen Ländern […] Unvorstellbare Komplexität. Lichtzeilen im Nicht-Raum des Verstands, Datencluster und -konstellationen. Wie die zurückweichenden Lichter einer Stadt…“
Der gedankliche Weg zum Metaverse ist offensichtlich kurz. Zusätzlich schuf Gibson – im gleichen Roman – auch den Begriff der „Matrix„, ein Begriff der nicht zuletzt Dank der berühmten Hollywood-Filmreihe bereits vielen Menschen bekannt ist – und deren Ausgestaltung ebenfalls nahe am Metaverse ist:
„Die Matrix hat ihre Wurzeln in primitiven Videospielen […], in frühen Computergrafik-Programmen und militärischen Experimenten mit Schädelelektroden. […]„.
Das Metaverse in der Philosophie
Auch Philosophen haben für das Metaverse relevante Fragestellungen schon aufgegriffen. Jede Auseinandersetzung mit dem Metaverse führt z. B. zwangsläufig zu der Frage, ob und wie das Metaverse unsere menschliche Freiheit erweitert oder ggf. auch beschränkt [8]. In diesem Zusammenhang ist Platons Höhlengleichnis wichtig (vgl. Video). In seiner Geschichte beschäftigt sich Platon mit der Frage, ob und wie Menschen ihre eigene Versklavung akzeptieren. Platon erzählt von Gefangenen, die von Geburt an am Boden einer Höhle angekettet sind und Schatten beobachten, die an die Höhlenwände projiziert werden. Für die Gefangenen sind die Schatten die Realität – und so weigern sie sich schließlich, auf einen Befreier zu hören, der sie über das Leben außerhalb ihres Gefängnisses informiert und sie aus der Höhle führen möchte. Eine faszinierende Parabel über die menschliche Neigung zur Sklaverei. Übrigens: Platons Gleichnis hat u. A. auch die Idee von Gibsons „Matrix“ (und die Hollywood-Filme) beeinflusst.
YouTube-Video: TEDEd – Platons Höhlengleichnis.
Moderne Philosophen haben sich ebenfalls mit Aspekten des Metaverse beschäftigt. Michel Foucault, französischer Philosoph und einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts, führte z. B. den Begriff der „Heterotopie“ ein. Heterotopie (aus dem Griechischen: hetero für „anders“ und topos für „Ort) ist ein von Foucault verwendeter Begriff für Räume oder Orte, die in besonderer Weise etablierte gesellschaftliche Verhältnisse negieren oder umkehren. Beispiele für Heterotopien sind z. B. Jugend-, Alten- und Erholungsheime, psychiatrische Kliniken, Gefängnisse, Kasernen, Friedhöfe, Museen, Bibliotheken, Festwiesen, Feriendörfer, Gästehäuser, Bordelle, Kolonien oder Schiffe. Allen Heterotopien ist gemein, dass ihre jeweilige gesellschaftliche Bedeutung nicht statisch ist, sondern sich im Lauf ihres Fortbestehens verändern kann. Auch das Metaverse kann als Heterotopie verstanden werden.
Auch Marc Augé, ein französischer Ethnologe und Anthropologe, beschäftigte sich mit alternativen Welten, von ihm als „non-places“ bezeichnet. „Non-places“ sind Räume der gebauten Umwelt, die aufgrund ihrer Funktion als Transiträume und dem Fehlen von menschlicher Interaktion ihre Eigenschaft als Ort im anthropologischen Sinne verlieren. Die Frage ist: Ist das Metaverse ein non-place, also ein Transitraum ohne jegliche echte menschliche Interaktion?
Wie bedient man das Metaverse?
Nutzer bewegen sich im Metaverse in Form von Avataren. Um Metaverse-Erfahrungen möglichst realistisch zu gestalten, wird daran gearbeitet, lebensechte Abbildungen von Menschen in das Metaversum zu bringen. Die „Full Body Codec Avatars“ von Meta (siehe Video), die noch nicht als Produkt verfügbar sind, gehen z. B. in diese Richtung. Dagegen schon heute zehntausendfach im Einsatz ist z. B. die Software „Ready Player Me„, mit der aus Fotos 3D-Avatare mit leichtem Comic-Einschlag erzeugt werden können. Dass gerade bei der Darstellung von Avataren die Erwartungshaltung vieler Nutzer*innen lange noch nicht getroffen wird, erfuhr Meta-Chef Mark Zuckerberg am eigenen Leib. So kündigte Meta im Sommer 2022 den Rollout des Proto-Metaverse Horizon Worlds in Europa an. Dies nahm Meta zum Anlass, ein Bild von Mark Zuckerbergs Horizon-Worlds-Avatar vor einem Miniatur-Eiffelturm zu veröffentlichen – mit Folgen. Der Eiffelturm-Selfie von Zuckerbergs Avatar sorgte für reichlich Internet-Häme [32].
YouTube-Video: „Codec Avatar“ Showcase auf der Facebook Connect 2021.
Wichtigstes Hilfsmittel für das Eintauchen in das Metaverse sind Brillen bzw. Headsets zur Anzeige virtueller Realität. Der Facebook-Konzern Meta arbeitet dazu z. B. mit dem Chipkonzern Qualcomm zusammen. Ein Patentantrag von Apple [17] beschreibt ein mit Sensoren versehenes Headset, mit dem Gesichtsausdruck, Augenbewegungen und Hände des Trägers erfasst werden. Apple ist jedoch mit erheblichen Problemen bei der technischen Umsetzung konfrontiert. So sollen die Apple-Brillen (Markteinführung war für 2022 geplant) schnell überhitzen und dadurch nicht einsetzbar sein [20]. Auch von Softwareproblemen wird berichtet [20]. Auch Google arbeitet an einem Headset für das Metaverse. Das Projekt hat intern den Namen Project Iris. Die Brille soll 2024 auf den Markt kommen und soll über nach außen gerichtete Kameras verfügen, um digitale Inhalte mit der realen Welt zu verschmelzen. Dazu arbeitet Google mit dem Smart-Glass-Hersteller North zusammen, einer Firma, die Google schon 2020 gekauft hat [27].
YouTube-Video: Magic Leap’s New AR Headset Will Debut in 2022.
Es dreht sich aber nicht alles nur um Brillen. Auch in der virtuellen Welt muss eine realistische Haptik vermittelt werden, das Gefühl digitale Objekte zu spüren. So entwickelt z. B. Meta einen haptischen Handschuh, der Hand- und Fingerbewegungen präzise erfassen und echtes Feedback erzeugen soll, um Beschaffenheit, Vibrationen und Empfindlichkeit virtueller Objekte zu simulieren [16]. Dafür werden pneumatische und elektroaktive Aktuatoren verwendet, die mittels Luftdruck Widerstände erzeugen und simulieren können [15]. Der Vorteil (gegenüber herkömmlichen mechanischen Komponenten): pneumatische oder elektroaktive Komponenten erzeugen keine Hitze und sind vergleichsweise leicht und energieeffizient.
Eine Alternative zu Handschuhen und Brillen können Smart Watches sein. An einer für das Metaverse geeigneten Variante arbeitet seit 2020 Meta. Ein Patent [19] beschreibt sowohl eine rechteckige als auch eine runde Smart Watch. Klassisch an Bord sind Herzfrequenzmesser und Temperatur- und Beschleunigungssensoren. Neu ist allerdings: Das Display kann nicht nur gedreht, sondern sogar abgenommen werden. Zusätzlich sind in die Uhr drei Kamerasensoren mit unterschiedlichen Brennweiten integriert, die es erlauben unterschiedliche Perspektiven aufzunehmen. Diese beiden neuen Features erlauben es die Uhr als abnehmbares Display zu verwenden – was wiederum eine einfachere Kombination mit Virtual Reality- oder Augmented Reality-Lösungen erlaubt.
Intensiv geforscht wird auch an Technologien, die es ermöglichen den Berührungs-, Geschmacks- oder Geruchssinn anzuregen [22]. Beispielsweise entwickelt das japanische Unternehmen Vaqso einen Duft-Dispenser. Die Idee: Der Duft-Dispenser wird mittels Magnet an einem Virtual-Reality-Headset befestigt. Der Dispenser selbst besteht aus bis zu 15 Kartuschen, die mit verschiedenen Gerüchen befüllt werden können. Betritt ein Nutzer ein virtuelles Café, verströmt der Dispenser z. B. Kaffeegeruch. Ebenfalls aus Japan stammt ein „Nahrungsmittelsimulator„. Anwender führen dazu eine Stethoskop-artige Konstruktion in den Mund ein, über die dann anschließend verschiedene Geschmacksrichtungen (süß, sauer, bitter, salzig und umami) auf die Zunge gespritzt werden. Auch gearbeitet wird an der elektrischen Stimulation der Zunge, um Geschmacksempfindungen auszulösen. Die menschliche Zunge ist in verschiedene Geschmackszonen aufgeteilt ist (Zungenspitze -> Süßes, Zungenränder -> Salziges, hintere Zunge -> Bitteres), in denen wiederum Geschmacksknospen sitzen. Letztere kommunizieren über Nervenbahnen mit dem Gehirn. Die Idee ist es jetzt diese Geschmacksknospen elektrisch zu stimulieren um Geschmack zu simulieren.
Hitze und Kälte können ebenfalls simuliert werden, z. B. durch das Versprühen von Chemikalien in der Nase [22]. Dadurch können Rezeptoren im Drillingsnerv aktiviert werden, die wiederum Kälte- oder Wärmeempfindungen auslösen. Riecht der Mensch z. B. Pfefferminz, wird ein Kältegefühl ausgelöst (Menthol triggert denselben Rezeptor wie Kälte). Chilischoten führen dagegen zu Wärmeempfinden. Das in Chilis enthaltene Capsaicin reizt sensorische Nerven, die sonst erst bei einer Außentemperatur von über 43 Grad Celsius aktiviert werden.
An der Vermittlung von Schmerz im Metaverse arbeitet das japanische Startup H2L Technologies. Dazu sagt Emi Tamaki, Chefin und Mitgründerin des Unternehmens gegenüber der Financial Times [28]: „Schmerz zu fühlen, erlaubt es uns, die Metaverse-Welt in eine reale Welt zu verwandeln – mit echten Gefühlen von Präsenz und Immersion.“ Vermittelt werden sollen Schmerz, aber auch das Gefühl von Gewicht oder Widerstand durch ein Elektroschock-Armband.
In der Zukunft denkbar sind auch „brain-to-machine interfaces“, biomechanische Komponenten, die das menschliche Gehirn direkt mit digitalen Steuerungsmöglichkeiten ergänzen. Elon Musk, Chef von Tesla und SpaceX, forscht mit seinem Startup „Neuralink“ hierzu an ersten technischen Lösungen und Anwendungsmöglichkeiten.
Spannende Anwendungen für das Metaverse im Überblick
Mittlerweile entwickeln immer mehr Unternehmen Ideen und Vorstellungen dazu, wie das Metaverse die Arbeit und unser Zusammenleben verändern [21]:
1. Beim Flugzeughersteller Boeing sollen Flugzeuge künftig im Metaverse entworfen werden [7]. Dazu sagt Greg Hyslop, Boeings Chef-Ingenieur: „It’s about strengthening engineering. We are talking about changing the way we work across the entire company.“ Konkret: Ingenieure und Designer entwickeln neue Flugzeugtypen in einer teilweise virtualisierten Fabrikhalle. Die Vision: Jeder Flugzeugtyp, jedes Flugzeug und jede Maschine hat einen komplett digitalen Zwilling (digital twin). Die Hoffnung: Wartung und Instandhaltung werden einfacher. Die Sicherheit besser.
2. Microsoft arbeitet mit „Microsoft Mesh“ an einer Weiterentwicklung seiner Teams-Software. Die Idee: Meetings sollen in den virtuellen Raum verlegt werden. Alle Teilnehmer*innen erscheinen als Hologramme, die im virtuellen Raum miteinander interagieren können. Microsoft bezeichnet diese Idee als Holoportation.
3. Das Unternehmen Adidas experimentiert Adidas mit dem Verkauf von virtuellen Kleidungsstücken und anderen Gegenständen. Gemeinsam mit Prada entstand z. B. ein großformatiges digitales Kunstwerk mit dem Namen „Adidas for Prada Re-source„, welches von der realen „Re-Nylon-Kollektion“ inspiriert ist. Dazu wurden 3.000 anonymisierte Fotografien von Fans der „Re-Nylon-Kollektion“ eingesammelt, vom Digitalkünstler Zach Liebermann bearbeitet und dann zu einer digitalen Collage verbunden. Das Kunstwerk wurde dann für einen guten Zweck versteigert und soll zudem als digitale Kunstinstallation in Flagship-Stores von adidas und Prada ausgestellt werden.
4. Der Sportausrüster Nike arbeitet mit dem Unternehmen Roblox. In einem virtuellen Nikeland sollen in Zukunft parallel zu sportlichen Großereignissen digitale Wettkämpfe stattfinden oder neue Produkte präsentiert werden.
5. Kaufland hat im Januar 2022 eine ganze virtuelle Insel in dem Metaverse-Spiel „Animal Crossing: New Horizons“ gekauft. Die Insel hat den Namen „Kauf Island“ und ist ein virtueller Supermarkt, geleitet von einer Spielfigur mit dem Namen „Phil Leita“ (phonetisch ausgesprochen wie „Filialleiter“).
6. Die Karibikinsel Barbados hat mit der Metaverse-Plattform „Decentraland“ eine Vereinbarung für den Bau der ersten Virtual-Reality-Botschaft der Welt getroffen. Dazu sollen virtuelle Grundstücke erworben werden, um auf diesen Einrichtungen für „e-Visa“ und andere konsularische Dienstleistungen zu bauen.
7. Der US-Handelsriese Walmart, immerhin das größte Unternehmen der Welt (bezogen auf die Mitarbeiteranzahl), hat Ende 2021 beim US-Patentamt mehrere Anträge eingereicht, die auf einen Einstieg in das Metaverse deuten. So arbeitet das Unternehmen an einer eigenen Kryptowährung und – ähnlich wie Adidas – am Verkauf virtueller Güter.
8. Die südkoreanische Stadt Seoul will ab Ende 2022 mit einer eigenen Repräsentanz im Metaverse sein. 2023 soll dann ein Bürgerzentrum eröffnet werden, wo Stadtbewohner mit ihren Avataren digitale Behördengänge abwickeln können. Eine erste Beta-Version des Angebots ist bereits verfügbar [31].
9. Gerade virtuelle Spielwelten entwickeln sich zur ersten Killeranwendung für das Metaverse. Beispiele sind Fortnite oder die Online-Spieleplattform Roblox. Weitere Spielewelten sind The Sandbox und Decentraland.
10. In Decentraland ermöglichte zum Jahreswechsel 21/22 das amerikanische Immobilienunternehmen Jamestown eine besondere (Metaverse-)Erfahrung: das Feiern am legendären New Yorker Times Square. Jamestown ist der reale Eigentümer von One Times Square, also von dem 26-stöckigen Herzstück des Times Square. Das Unternehmen baute das Gebäude in Decentraland nach und integrierte zusätzliche Angebote. So soll es im virtuellen One Times Square Kunstgalerien für NFTs, VIP-Lounges auf dem Dach und Räume für virtuelle Musikdarbietungen geben. Virtuelle Werbetafeln simulieren das weltberühmte Erlebnis vom echten Times Square.
11. Am 9. Dezember 2021 öffnete Meta seine eigene Metaverse-Plattform „Horizon“. Neben der klassischen Metaverse-Welt Horizon Worlds gibt es die Event-App Horizon Venues, die Meeting-App Horizon Workrooms und Horizon Home, ein virtuelles Zuhause, in das man andere Avatare einladen kann.
12. Das Unternehmen TerraZero Technologies bietet Hypotheken für den Kauf virtueller Grundstücke im Metaverse an. Als Sicherheiten für eine Hypothek können dazu digitale Güter (so genannte Non-Fungible Tokens) verwendet werden. Mittels einer Hypothek gekauftes virtuelles Land kann unmittelbar nach dem Erwerb genutzt werden, auch wenn das Grundstück, wie bei Hypotheken im echten Leben auch, technisch gesehen dem Hypothekengeber gehört.
14. Bei Nvidia heißt das Metaverse „Omniverse“. Auf der eigenen Plattform sollen Kreative, Designer, Forscher und Ingenieure virtuell zusammenarbeiten, mit physikalisch korrekten Simulationen in Echtzeit.
15. Mit der Higher Life CBD Dispensary hat es bereits der erste „Coffee Shop“ ins Metaverse geschafft, konkret in die Cryptovoxel-Welt. Die Cannabis-Produkte können in der seit Dezember 2021 existierenden virtuellen Geschäftsstelle von US-Staatsbürgern mit regulären sowie auch Krypto-Währungen erworben werden.
16. Die Österreichische Post eröffnete mit dem „Crypto stamp HG“ in Decentraland eine Metaverse-Filiale, in der „Crypto Stamps“ zu bestaunen sind, digitale Briefmarke die zusammen mit der Niederländischen Post entwickelt wurde [29].
Zur Rolle von Kryptowährungen und Non-Fungible Tokens (NFTs)
Viele Metaverse-Anwendungen greifen in der ein oder anderen Form auf Kryptowährungen zurück. Kryptowährungen und das hinter diesen steckende technologische Konzept der Blockchain sollen zu einem wesentlichen Baustein des Metaverse werden. Aber warum? Eine Antwort liegt auf der Hand: In den digitalen Welten des Metaverse wird digitales Geld benötigt, um Transaktionen jeglicher Art abzuwickeln, z. B. Käufe oder Verkäufe von virtuellen Grundstücken. Eine andere Antwort ist weniger offensichtlich: Kryptowährungen basieren auf der Blockchain-Technologie. Diese Technologie wiederum ermöglicht es, nicht nur Kryptowährungen technisch zu realisieren, sondern auch weitergehende Anwendungen. Zu einem echten Hype haben es insbesondere die Non-Fungible Token (NFT) gebracht. Ein NFT ist ein nicht ersetzbares (englisch: non-fungible) digital geschütztes Objekt (englisch: token). Einfach gesprochen: Ein NFT ist nichts anderes als eine in einer Blockchain und damit fälschungssicher gespeicherte Information dazu, welche Eigentums- oder Nutzungsrechte mit einem beliebigen digitalen Objekt verknüpft sind, z. B. mit einem digitalen Kunstobjekt, einem Video, einem Meme, einem Tweet oder einem virtuellen Grundstück. Die digitalen Objekte, deren Rechte durch ein NFT geregelt werden, sind dabei selbst weder in der Blockchain abgelegt noch im exklusiven Besitz bzw. Zugriff des Besitzers. Viele spannende Beispiele zu NFTs finden sich im NFT-Ticker von „BTC Echo“.
YouTube-Video: NFT: Was steckt hinter Kunst-NFTs und kann ich damit Geld verdienen? || PULS Reportage.
Das Problem mit der Nähe im Metaverse
Die meisten Menschen wissen um Distanzzonen und akzeptieren und respektieren diese. Auch im Metaverse gelten Distanzzonen. Trotzdem bzw. vielleicht auch gerade weil alles virtuell ist sind Nutzer*innen – so deutet es sich an – im Metaverse deutlich schneller dazu bereit, in die Intimzone anderer Nutzer*innen einzudringen. So beschwerte sich z. B. eine Nutzerin des Virtual Reality-Netzwerks „Altspace VR“ über sexuelle Belästigung im virtuellen Raum [9]. Die Nutzerin sah sich verbalen Attacken via Mikrofon ausgesetzt und manche Nutzer versuchten sie virtuell zu küssen oder grabschten nach ihrem Avatar. Auch auf Metas VR-Plattform „Horizon Worlds“ gab es wenige Tage nach Eröffnung den ersten Fall sexueller Belästigung [10]. Auch hier wurde eine Beta-Testerin von einem Fremden virtuell betatscht. Geradezu schockierend sind die Erfahrungen, die eine BBC-Reporterin in der Metaverse-App VRChat erleben musste [26]. Die Reporterin gab sich als Kind aus und bekam sexuelles Bildmaterial zu sehen, wurde Zeugin rassistischer Beleidigungen und sogar mit einer Vergewaltigungsdrohung konfrontiert.
Die Problematik von Belästigungen, Hassrede und Mobbing im Metaverse sieht auch Metas/Facebooks Technikchef Andrew Bosworth. In einem internen Meta-Memo schwört Bosworth die eigene Belegschaft auf das Thema ein [12]. Ziel müsse sein, so Bosworth, im Metaverse Sicherheit „fast auf Disney-Niveau“ zu bieten, zumindest solange Nutzer*innen von Meta angebotene Dienste nutzen. Für Welten und Räume von Drittanbietern können also andere Regeln gelten. In jedem Fall sind toxisches Verhalten und Belästigung, so Bosworth, eine „existenzielle Bedrohung“ für das Metaverse. Inwieweit es überhaupt möglich ist eine prinzipiell unendlich große virtuelle Community im Metaverse zu steuern und moderieren, lässt Metas Technikchef aber offen. Immerhin: Als Reaktion auf Berichte über Belästigungen auf seiner Plattform „Horizon Worlds“ führt Meta eine digitale Abstandsregel auf seiner virtuellen Welt ein [24]. Die Funktion namens „Personal Boundary“ soll verhindern, dass sich Nutzer*innen in VR-Anwendungen von Meta zu nahe kommen. Standardmäßig ist bei Horizon-Anwendungen künftig ein Zwangsabstand von etwa 1,2 Meter eingestellt.
Das Thema Nähe im Metaverse bedarf aber nicht nur technischer Lösungen, sondern auch gezielter Aufmerksamkeit. Dazu wurde bereits in 2016 – mit Fördergeldern von Oculus, einer Tochter von Meta Plattform – das Women in Immersive Technologies (WIIT) Netzwerk gegründet. Ziel des Netzwerks, das in Europa aktiv ist, ist die Förderung von Inklusion und Gleichberechtigung im Metaverse. Frauen, nicht-binäre und diverse Menschen möchte WIIT ermutigen, immersive Technologien mitzugestalten, um Sexismus und Diskriminierung zu bekämpfen und zu minimieren.
Dass das Metaverse aber auch eine neue positive Form der Nähe erzeugen kann, zeigt der Film „We Met in Virtual Reality“ des Filmemachers Joe Hunting. Der Film feierte Premiere auf dem Sundance Filmfestival. In seinem Film (einer Dokumentation) begleitet Hunting Menschen, die sich während der Corona-Pandemie virtuell auf der Plattform „VRChat“kennengelernt haben. Das Besondere: Die Dokumentation zeigt ausschließlich die Interaktion der Protagonisten in der virtuellen Welt. Die echten Menschen hinter den Avataren sehen die Zuschauer niemals.
Recht im Metaverse – Was gilt denn nun?
Grundsätzlich stellt sich die Frage, welches Recht im Metaverse gilt. Relevant ist sicher das Recht des Herkunftslandes eines Nutzers. Dazu kommen Rechte der Betreiber von Metaverse-Welten und internationale Vereinbarungen, die Rechtsbeziehungen im Metaverse betreffen können. Die Anzahl offener Fragen ist groß. So werden im Metaverse nicht einfach nur Texte oder Bilder erstellt oder ggf. nur geteilt (wie eben heute in sozialen Netzwerken), sondern komplexe virtuelle Gegenstände (z. B. virtuelle Häuser auf virtuellen Grundstücken) erschaffen und von Nutzer*innen gehandelt. Daraus ergibt sich z. B. die Frage, ob es Erlaubnis- und Prospektpflichten für den Handel von digitalen Gütern im Metaverse geben muss. Gibt es ein virtuelles Hausrecht, wenn sich Nutzer*innen ohne meine Erlaubnis auf meinem Grundstück aufhalten? Das Design- und Markenrecht muss regeln, was es zu beachten gilt, wenn reale Gegenstände wie Kleidungsstücke im Metaverse als 3D-Objekte modelliert und virtuell getragen werden. Aus der Sicht der Steuergesetzgebung ist zu klären, wie Einnahmen aus der Vermietung von virtuellem Land zu behandeln sind. Das allgemeine Zivil- und Strafrecht kommt ins Spiel, wenn es zu Streitigkeiten zwischen Nutzer*innen des Metaverse kommt. Auch das Datenschutzrecht, schon heute intensiv diskutiert und gleichzeitig gehasst und geliebt, ist für die Akzeptanz des Metaverse kritisch.
45 Key-Player für das Metaverse
Die folgenden 45 börsennotierten Unternehmen sind aktuell wichtige Key Player für die Entwicklung des Metaverse:
- Facebook / Meta Platform (Inhalte)
- Apple (Inhalte)
- Unity Software (Infrastruktur)
- Nvidia (Infrastruktur)
- Microsoft (Infrastruktur)
- Roblox (Inhalte)
- Fastly (Infrastruktur)
- Snap Inc. (Inhalte)
- Autodesk Inc. (Inhalte)
- Sea Ltd. (Kryptowährungen und NFTs)
- Amazon (Inhalte)
- Taiwan Semiconductor (Infrastruktur)
- Qualcom (Infrastruktur)
- Sony Corporation (Inhalte)
- Advanced Micro Devices (Infrastruktur)
- Take-Two Interactive Entertainment (Inhalte)
- Samsung Electronic (Infrastruktur)
- Alphabet (Inhalte)
- Electronic Arts (Inhalte)
- Matterport Inc. (Kryptowährungen und NFTs)
- Kraton Inc. (Kryptowährungen und NFTs)
- Coinbase Global (Kryptowährungen und NFTs)
- Intel (Infrastruktur)
- Galaxy Digital Holdings (Kryptowährungen und NFTs)
- Disney Walt (Inhalte)
- Adobe Systems (Infrastruktur)
- Lumen Technologies (Infrastruktur)
- Hexagon AB (Infrastruktur)
- Naver Corp (Inhalte)
- Akamai Technologies (Infrastruktur)
- Skyworks Solutions (Infrastruktur)
- Cloudflare (Infrastruktur)
- Alibaba Group (Inhalte)
- Bentley Sys (Kryptowährungen und NFTs)
- PTC Inc. (Kryptowährungen und NFTs)
- Limelight Networks (Infrastruktur)
- Activision Blizzard (Inhalte)
- Nintendo Co (Inhalte)
- Nike (Inhalte)
- Equinix (Infrastruktur)
- Planet Labs PBC (Infrastruktur)
- Paypal Holdings (Kryptowährungen und NFTs)
- Block Inc. (Kryptowährungen und NFTs)
- Tencent (Inhalte)
- Baidu (Inhalte)
Insgesamt zeichnet sich ab, dass die Entwicklung des Metaverse gerade auch durch asiatische Länder, insbesondere China, vorangetrieben wird. So sollen in den letzten Wochen bereits mehr als 1.300 chinesische Unternehmen Metaverse-bezogene Marken angemeldet haben [14]. Drei Monate vor Facebooks Meta-Wandel lag diese Zahl noch bei 130 Unternehmen. Federführend sind insbesondere die chinesischen Technologieriesen. Huawei arbeitet an einem „Meta OS“. Alibaba am „Ali Metaverse“. Hisense an Metaverse-Services für Werbung und Social Services. Auch Tencent und Baidu sind engagiert. Dazu Unternehmen wie ByteDance (TikTok), HTC, Netease oder Bilibili. Und auch staatliche Stellen bringen sich ein. So will die Stadt Shanghai 2022 gezielt Unternehmen mit Steuernachlässen belohnen, die sich mit der Verknüpfung von virtueller und realer Welt beschäftigen. Allerdings wird auch gewarnt. So hat die Staatszeitung „People’s Daily“ darauf hingewiesen, dass der Verkauf von virtuellem Besitz das Risiko von Volatilität, Betrug, illegaler Geldbeschaffung und Geldwäsche berge.
Bewertung
Eine der größten Unternehmer der Welt ist Elon Musk. Musk äußert sich skeptisch zum Metaverse [11]. Insbesondere sieht Musk bislang keine überzeugenden Anwendungsfälle. Das Metaverse sei „mehr Marketing als Realität“. Es gäbe schlicht „keine zwingende Metaverse-Situation“. Ist die Nutzung des Metaverse an eine VR-Brille geknüpft ist das Ergebnis sicher eine „enttäuschende Erfahrung“, so Musk. Und weiter: „Sicher kann man sich einen Fernseher auf die Nase setzen. Ich bin mir nicht sicher, ob man damit im Metaverse ist. Ich sehe jedenfalls niemanden, der sich den ganzen Tag einen verdammten Bildschirm vor das Gesicht schnallt und nicht mehr weg will. Das kann nicht sein.“
Ebenfalls kritisch sieht Phil Libin, der Erfinder der Evernote-App, das Metaverse. In einem Podcast im Januar 2022 sagt Libin [18]: „I went to first grade in the Soviet Union. I was subjected to a lot of Soviet propaganda, and I was told as a little kid repeatedly: ‚Communism doesn’t exist yet. We haven’t built communism yet. We’re building towards communism. But it’s not communism yet. What you see around you, this horrible, horrible place, isn’t communism. We’re building towards it. It’s going to be great when it gets here. You know, you can smell a bad idea before it’s fully built. So I don’t want to hear ‚Oh yeah, the metaverse doesn’t exist yet. No, no, no, all this stuff, all this stupid, useless, crappy stuff that exists right now, that’s not the metaverse. The metaverse is coming — it’s coming.“ Libin, in der früheren Sowjetunion aufgewachsen, zieht Parallelen zum Kommunismus, der auch immer als großartige Errungenschaft angekündigt wurde, aber nie wirklich da war. Libin schlägt dann aber auch die Brücke zum Metaverse: „There’s a part of me that hates it and a part of me that fears it, but since I think it’s so spectacularly stupid, there’s actually not that much to fear.“ Was die Gründe anbelangt argumentiert Libin ähnlich wie Musk: „VR is the thing that guarantees none of this will ever take off, because no one wants to spend any amount of time with a plastic thing strapped to their face.„
Eine eher witzige Einschätzung bzw. Antwort – insbesondere auch auf die Präsentation von Mark Zuckerberg und den Metaverse-Ideen von Meta/Facebook; siehe Artikelanfang – liefert die isländische Tourismusbehörde:
Ebenfalls eine eher witzige, aber auch nachdenkliche Auseinandersetzung mit dem Metaverse zeigt der nachfolgende Clip von Salesforce mit Hollywood-Schauspieler Matthew McConaughey:
YouTube-Video: Join #TeamEarth with Matthew McConaughey & Salesforce.
In die Reihe der Kritiker reiht sich auch die mittlerweile berühmte Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen [13]: „Mir persönlich macht der Gedanke Angst, noch mehr Mikrofone und Sensoren von Facebook in unsere Häuser und Büros zu bringen und uns davon ausspionieren zu lassen, während wir keine Ahnung haben, wie sie die Daten verwenden.„
Dass der Weg ins Metaverse nicht immer einfach ist zeigt Nintendo. Nintendo weiß aktuell nämlich noch nicht so richtig, was es mit dem Metaverse anfangen soll. So sagt Shuntaro Furukawa, der Chef von Nintendo [25]: “When the concept of the metaverse is introduced in the media, games like Animal Crossing: New Horizons are sometimes brought up as examples. In that sense, the metaverse is of interest to us. At this point in time, there is no easy way to define specifically what kinds of surprises and enjoyment the metaverse can deliver to our consumers. We might consider something […], but we do not think that is the situation at the present time.”
Ganz zum Schluss…
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Quellen
[1] J. Erl, M. Bastian: Hier sind 9 Metaverse-Definitionen, sucht euch eine aus, 2021.
[2] N. Stephenson: Snow Crash, 1992.
[3] t3n: Wie das Metaverse unser Leben verändern könnte, 2021.
[4] C. Hackl (Host): Defining a New Reality (No. 1), Audio Podcast Episode, 2021.
[5] Intel: Powering the Metaverse, Press Release, December 2021.
[6] M. Ball: The Metaverse: What It Is, Where to Find it, and Who Will Build It, 2020.
[7] E. M. Johnson, T. Hepher: Boeing wants to build its next airplane in the ‚metaverse‘, 2021.
[8] H. Yosbry: Facebooks „Metaverse“: Freiheit oder Versklavung?, 2021.
[9] M. Bastian: Social-VR: Rec Room führt Maßnahmen zum Schutz der Intimzone ein, 2021.
[10] T. Polenk: Horizon Worlds: Sexuelle Belästigung im Metaverse, 2021.
[11] Elon Musk Sits Down With The Babylon Bee, YouTube-Video, 2021.
[12] G. Albin: Meta möchte, dass sein Metaverse so sicher ist wie Disney-Eigenschaften, 2021.
[13] Facebook-Whistleblowerin besorgt über Zuckerbergs Metaverse-Pläne, 2021.
[14] M. Bastian: Metaverse-Hype: In China wollen sie alle ins „Yuanyuzhou“, 2021.
[15] F. Peters: Meta will mit haptischen Handschuhen Illusionen im Gehirn erzeugen, 2021.
[16] Reality Labs Research: Haptic Glove.
[17] Apple Patentantrag: Display System having Sensors, 2021.
[18] Business Insider: A tech founder born in the Soviet Union compared metaverse hype to the communist propaganda, 2022.
[19] Meta Patentantrag: Detachable Camera Block for a Wearable Device, 2020.
[20] A. Donath: Apple stößt bei seiner Brille wohl auf massive Probleme, 15.1.2022.
[21] Metaverse: Das Online-Universum wird zum Labor für reale Produkte, 17.1.2022.
[22] A. Lobe: Das Geruchskino ist tot, es lebe das Geruchs-Metaverse!, 24.1.2022.
[23] C. Sachsinger: Metaverse: Erfinder glaubt an drei Varianten, 31.1.2022.
[24] V. Sharma: Introducing a Personal Boundary for Horizon Worlds and Venues, 4.2.2022.
[25] M. Rapkin: Nintendo Address Future in Metaverse, 15.2.2022.
[26] Y. Kulen: Reporterin gibt sich als Kind aus und erlebt sexuelle Praktiken und Vergewaltigungsdrohungen, 26.2.2022.
[27] B. Rotter: Augmented Reality: Google kauft Smart-Glass-Hersteller North, 4.7.2020.
[28] Japanese startup wants to cause real-life pain in the metaverse, 2022.
[29] Österreichische Post eröffnet Filiale im Metaverse, 2022.
[30] T. Bezmalinovic: Metaverse-Standards: Industriekonsortium findet regen Zulauf, 2.9.2022.
[31] S. Wray: Early version of Seoul’s metaverse revealed, 1.9.2022.
[32] M. Bastian: Zuckerbergs Metaverse-Avatar wird Zielscheibe für Internet-Häme, 18.8.2022.