Ereignishorizont Digitalisierung - Mode

FASHION goes digital: Über KI-Modedesigns, 3D Körperscans und digitale Mode

Auch die Modebranche ist durch die Digitalisierung mit dramatischen Veränderungen konfrontiert. Auch im Modehandel haben digitale Kanäle und Services Einzug gehalten – und dies sowohl vor dem eigentlichen Kauf, als auch während und danach. Ursache sind nicht nur neue digitale Technologien, sondern auch ein sich änderndes Verbraucherverhalten. Verbraucher sind nicht mehr allein passiver Beobachter, sondern aktiver und dominanter Marktakteur

Digitale Stilberatung

Dass persönliche Beratung und individueller Service nicht nur vermeintliche Alleinstellungsmerkmale stationärer, konventioneller Modehäuser sind, erlebte die Branche mit dem Aufkommen von Angeboten wie modomotooutfittery oder ZALON by zalando. Das so genannte Curated Shopping (deutsch: „betreutes Einkaufen“), also die persönliche digitale Stilberatung, zeigt eindrucksvoll, dass auch das digitale Einkaufserlebnis attraktiv sein und den Gang in stationäre Modegeschäfte ersetzen kann. Das Prinzip ist einfach: Kunden füllen online einen Fragebogen aus, anhand dessen Konfektionsgrößen sowie bevorzugte Modestile und Fashion-Vorlieben ermittelt werden. Anschließend ermittelt ein Stilberater (oder später vielleicht eine Künstliche Intelligenz) passende Mode-Outfits. Per Post werden dann passende Outfits zugeschickt. Was gefällt, wird behalten. Alles andere wird wieder zurückgeschickt. 

Auch die Branche selbst diskutiert die Digitalisierung intensiv. So präsentierte sich auf der Fashion Week Berlin das deutsche Startup YOONA. Das Startup hat eine KI-Lösung entwickelt, mit der auf Basis bereits vorhandener Modedesigns (digital erfasst über technische Zeichnungen, Prints, Moodboards oder Schnittteilen) und weiteren, ergänzenden Daten (z. B. aus Fitness-Trackern, Farben, Vereinslogos) neue, individuelle Designvorschläge generiertwerden – und das in Sekunden. Die Ziele: Designprozesse verkürzen und vereinfachen – auch von individualisierten Modedesigns. 

Mit Körperscans zum besseren Körperverständnis

Aber nicht nur Startups widmen sich der Digitalisierung der Modebranche. Auch globale Techkonzerne haben das Thema für sich entdeckt. Auch – wen wundert es – Amazon. Im März 2020 versprach Amazon jeder Person, die sich einem 3D Körperscan unterzieht 25$. Im Rahmen des Körperscans müssen die Probanden Daten wie Körpergröße und Gewicht angeben. Danach wird ihr Körper per Foto, Video und 3D-Scan detailliert analysiert und dokumentiert. Dabei haben die Probanden normale Kleidung bzw. Badesachen an. Durchgeführt werden die Körperscans von dem von Amazon unterstützten Startup Body Lab. Das Verfahren selbst basiert auf Forschungsergebnissen der US-amerikanischen Brown University und dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen. Natürlich kam schnell die Frage auf, was Amazon denn mit den durchgeführten Körperscans bezweckt. Letztlich geht es wohl darum, ein besseres Verständnis der Körperform von Nutzern zu erhalten – insbesondere um am Ende die Anzahl der kostenintensiven Retouren zu reduzieren.

Werden Körperscans mit Kleidungsstücken digital „vernetzt“ und um individuelle Fashion-Vorlieben von Kunden angereichert, kann ein ganz neues Einkaufserlebnis entstehen. Ob ein Kleidungsstück passt oder nicht muss dann z. B. nicht mehr durch langes Probieren herausgefunden werden. Einer der Vorreiter diesbezüglich ist das deutsche Unternehmen BODYSCAN & GO. Das Unternehmen bietet in mehr als 100 Städten in Deutschland Kunden die Möglichkeit der digitalen Körpermaßerfassung – über so genannte „Scan-Points“. Dort können sich Interessierte kostenlos scannen lassen. Der Kunde erhält nach dem Scannen einen Datensatz mit seinen Körpermaßen und optimalen Konfektionsgrößen, die der Kunde dann beim Onlineshopping verwenden kann. Über eine App kann der Kunde zusätzlich beim klassischen Shopping ein „Konfektionsgrößen-Matching“ auf seinem Smartphone vornehmen. So wird das Thema „Körperscan“ auch für stationäre Modehäuser interessant – die ihren Kunden vielleicht schon bald selbst die Option von Körperscans „vor Ort“ anbieten. 

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Video: Will You Be Wearing Digital Fashion In The Near Future?

Digitale Mode

Eine vollständige Digitalisierung der Mode verfolgt dagegen das Unternehmen The Fabricant aus den USA. Das Unternehmen entwickelt „Digital Couture“ – digitale Mode, die in virtuellen Realitäten genutzt und gehandelt werden kann. Laut Website wurde z. B. schon ein erzeugtes digitales Kleid (mit dem klingenden Namen „Iridescence“) für satte 9.500$ verkauft. Das solche digitale Mode durchaus eine Existenzberechtigung hat, zeigt auch das Beispiel des Nintendo Computerspiels „Animal Crossing: New Horizons“für das Mode-Labels wie Marc Jacobs, Sandy Liang oder Valentino eigene digitale Outfits beisteuerten

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Video: DEEP COLLECTION – THE FABRICANT 2019 – Fashion Channel.

Stricken as a Service

Die Digitalisierung bietet aber auch Otto-Normalverbrauchern völlige neue Wege im Bereich der Mode. Ein spannendes Beispiel kommt vom MIT Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) in Boston. Die MIT-Forscher haben zwei Systeme entwickelt, die es Nutzern erlauben eigene und individuell designte Strickwaren zu erstellen – und zwar ohne jemals Stricknadeln in der Hand halten zu müssen. Zwar existieren Strickmaschinen schon viele Jahre. Deren Bedienung war und ist bisher aber durchaus anspruchsvoll. Mit den beiden Tools des MIT wird diese Hürde beseitigt. Die erste Lösung, InverseKnit genannt, erzeugt neue Strick-Designs anhand von Fotos von vorhandener Strickware. Die zweite Lösung, CADknit, erlaubt Nutzern das Anpassen von Strickvorlagen (Größen, Farben, Schnitt). Der Output beider digitalen Lösungen kann per Klick einer Strickmaschine übergeben werden. „Stricken as a Service“ eben.   

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Video: Computer-Aided Knitting des MIT.

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